Die Sozialauswahl ist bei einer betriebsbedingten Kündigung durchzuführen, damit die Kündigung wirksam erfolgen kann. Klagt ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zum Kündigungszeitpunkt nicht beendet ist, so wird das Gericht insbesondere die getroffen Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung auf Fehler prüfen.

Eine Sozialauswahl ist bei einer betriebsbedingten Kündigung dann nicht notwendig, wenn entweder das Kündigungsschutzgesetz persönlich (kürzerer Beschäftigung für sechs Monate) oder betrieblich (weniger als elf Arbeitnehmer) anzuwenden ist. Auch wenn sämtliche Arbeitnehmer entlassen werden, ist eine Sozialauswahl nicht notwendig zu treffen, da keine Auswahlmöglichkeit besteht. Auch wenn die Streichung aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung nur einen, mit anderen Arbeitsplätzen nicht vergleichbaren Arbeitsplatz betrifft, ist eine Sozialauswahl unmöglich und somit nicht notwendig.

Gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG sind insbesondere bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung in die Sozialauswahl einzustellen. In der Praxis wird die Gewichtung der Auswahlkriterien vom Arbeitgeber bestimmt. Diese Gewichtung der Auswahlkriterien ist mit den Betriebsrat abzustimmen. Wurde eine Betriebsvereinbarung über die sozialen Gesichtspunkte abgeschlossen oder besteht darüber einen Tarifvertrag, so ist das Arbeitsgericht nur befugt, die Bewertung auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen, § 1 Abs. 4 KschG.

Die Sozialauswahl erfolgt betriebsbezogen. Dies bedeutet, dass nicht unternehmensweit die Sozialauswahl zu erfolgen hat, sondern nur in den betroffenen Betrieb.

Die Sozialauswahl erfolgt in vier Schritten.

  1. Im ersten Schritt werden unkündbare Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl herausgenommen. Nur kündbare Arbeitnehmer sind für eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung vergleichbar. Sind nur unkündbare Arbeitnehmer vorhanden, zur erfolgt die Sozialauswahl unter den unkündbaren Arbeitnehmern.
    Herauszunehmen sind auch sämtliche Arbeitnehmer, die unter sechs Monate beschäftigt sind. Für diese gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Diese sind vorrangig zu kündigen.
  2. Im zweiten Schritt wird vom Arbeitgeber bestimmt, welche Arbeitnehmer hierarchisch vergleichbar sind. Nur die hierarchisch vergleichbarer Arbeitnehmer sind in die Sozialauswahl aufzunehmen. Führt z. B. eine unternehmerische Entscheidung dazu, dass eine Sekretärin gekündigt werden muss, so ist die Bürovorsteherin nicht vergleichbar mit einer Sekretärin, da diese das Sekretariat leitet.
  3. Im dritten Schritt werden die Angehörigen der homogenen hierarchischen Gruppe horizontal verglichen. In dieser Phase der Sozialauswahl wird das Lebensalter, die Unterhaltspflichten, die Betriebszugehörigkeit und die Schwerbehinderung der einzelnen Arbeitnehmer berücksichtigt. Damit es zu keiner veralteten Belegschaft kommt, sind insbesondere Gruppenbildungen hinsichtlich des Alters üblich. So können z.B. Gruppen mit 5 Jahre Unterschied gebildet werden, sodass 18 bis 23-Jährige, 24 bis 29-Jährige usw. miteinander nur verglichen werden.Durch die Bildung von Altersgruppe wird auch vermieden, dass ein Kriterium alleine zu Ungerechtigkeiten führt. So ist z.B. die Unterhaltsverpflichtung eines über 60-Jährigen in der Regel geringer einzuschätzen (Ehegattenunterhalt), als die unter Unterhaltspflichten die Unterhaltspflichten zwischen 30 und 40 (Kinder und Ehegatten). Hingegen ist das Alter von einem 60 – Jährigen stets höher als das von einem 30 – Jährigen. Um eine hinreichende Vergleichsmöglichkeit zu erhalten und das „Übergewicht“ eines Kriterium zu vermeiden, ist eine Gruppenbildung nach dem Alter sinnvoll.Das Alter kann auch negativ für einen Arbeitnehmer sein. Insbesondere bei der Gruppe der über 60-Jährigen spielt es nämlich eine Rolle, ob der zu kündigende Arbeitnehmer ein Anspruch auf Altersrente bereits erworben hat. So ist ein Arbeitnehmer im Alter von 65 Jahren nicht so sozial schutzbedürftig, wie ein 60-Jähriger. Der 60-Jährige wäre bis zum Eintritt des Regelalters auf einen anderen Arbeitsplatz angewiesen. Auch besteht die Gefahr, dass der jüngere Arbeitnehmer aufgrund seines Alters auf Sozialhilfe, insbesondere SGB II – Leistungen angewiesen wird. Der 65 – jährige hat hingegen bereits den Auszahlungsanspruch der Rente erworben und erhält, ohne dass es wesentliche weitere Voraussetzungen existieren, Regelaltersrente.
  4. Im letzten Schritt werden Leistungsträger aus der Sozialauswahl herausgenommen. Leistungsträger dürfen gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG aus der Sozialauswahl herausgenommen werden. Dies sind Arbeitnehmer, die wegen ihrer Fähigkeit und Leistung, oder ihren Kenntnissen im berechtigten betrieblichen Interesse weiter beschäftigt werden sollen.

Erfolgt die Sozialauswahl unter nicht oder nicht ausreichender Berücksichtigung der Kriterien für die Sozialauswahl, so ist die darauf beruhende Kündigung unwirksam. Kleinere Fehler bei der Sozialauswahl führten jedoch nicht automatisch zur Unwirksamkeit. Ob ein Gericht diesen Fehler als wesentlich oder unwesentlich ansieht, ist in der Regel nicht vorhersehbar. Aus diesem Grund wird ein Arbeitgeber bei einem nachgewiesenen Fehler in der Regel eine höhere Abfindung zum „Abkauf“ der Prozessrisiken dem Arbeitnehmer anbieten, als dies ohne einen solchen Fehler der Fall wäre. Nachdem die Dominotheorie (eine fehlerhafte Sozialauswahl führt für alle Arbeitnehmer zur Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl) vom Bundesarbeitsgericht im Jahr 2006 aufgegeben wurde, können nur die Arbeitskollegen sich mit Erfolg auf die fehlerhafte Sozialauswahl berufen, die bei richtiger Sozialauswahl nicht hätte gekündigt werden dürfen. Dies führt dazu, dass die Abfindungssummen für einen Arbeitnehmer mittlerweile geringer ausfallen, wie vor dieser Entscheidung.

Die Beweislast für die maßgeblichen Tatsachen bezüglich einer fehlerhaften Sozialauswahl trägt der Arbeitnehmer. Behauptet der Arbeitnehmer, dass die Sozialauswahl rechtswidrig erfolgt ist, so muss der Arbeitnehmer im Wege der sekundären Darlegungs – und Beweislast sein Konzept für die Sozialauswahl vorlegen. Wurde der Arbeitnehmer namentlich auf einer Namensliste eines Interessenausgleichs nach § 1 Abs. 5 KSchG aufgenommen, so kann die soziale Auswahl der Arbeitnehmer nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.